So, dann will ich mich hier auch mal langsam hinzugesellen...
Petra Hammesfahr: "Mit den Augen eines Kindes"
Broschiert - 386 Seiten - Rowohlt Tb.
Erscheinungsdatum: Februar 2004
ISBN: 3499236125
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Klappentext: Als Komissar Metzner auf einem Klassentreffen seiner großen Jugendliebe wieder begegnet, sind die leidenschaftlichen Gefühle für sie sofort wieder wach. Er hat kein Ohr mehr für seinen kleinen Sohn, der Zeuge einer Entführung gewesen sein will. Der Junge hat eine überschäumende Phantasie, und Metzners Gedanken drehen sich nur um seine Geliebte. Es dauert lange, bis er die tödliche Gefahr erkennt ...
Ein stellenweise richtig gut geschriebener Roman, erfrischend und lebensnah, aber auch aufwühlend und traurig. Wer Hammesfahr noch nicht gelesen hat, wird dieses Buch wohl so schnell nicht mehr aus der Hand legen. Dennoch ist es kein Buch, was ich als Meisterwerk bezeichnen möchte. Stellenweise wirken die Charaktere stark überzeichnet und unglaubwürdig (vor allem der Kommissar mit seiner naiven Art).
Ansonsten bietet der Roman kurzweilige Unterhaltung und der Satz "Ich konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen" gilt auch hier - wenn auch nur selten.
In meinen Augen ein flott geschriebener Kriminalroman, mit Ansätzen eines Liebesthrillers und einer Prise schwarzem Humor.
Aber besonders bei diesem Buch gilt: Die Geschichte hält längst nicht alles, was der Einband verspricht (das Ganze ist dazu nur die Wiederauflage des 1991er-Romans "Marens Lover").
Man hätte mehr erwarten können (sogar müssen - alles in allem wohl Hammesfahrs schlechtestes Buch bis dato), dieses Buch ist aber trotz allem zu empfehlen.
Leseprobe:
Die Tür zu Ollis Zimmer stand offen, als ich die Diele betrat. Sein Zimmer war das erste, wenn man hereinkam. Er saß auf dem Fußboden vor seinem Bett, saß einfach nur da, ohne sich mit Spielzeug zu beschäftigen. Er schaute nicht auf, als ich die Wohnungstür hinter mir schloss. Statt mit seinem sonst üblichen "Hallo" begrüßte er mich mit dem trotzigen Hinweis: "Mama hat gesagt, ich darf erst rauskommen, wenn ich sage, was ich gefressen habe." Er meinte wohl ausgefressen.
Sein Stimmchen schwamm in Tränen. Ich hockte mich zu ihm, legte ihm einen Finger unters Kinn und hob seinen Kopf an. "Was hast Du denn ausgefressen?"
"Gar nix." Er schniefte, seine Unterlippe zitterte. "Ich bin doch kein Verbrecher."
"Nein, ganz bestimmt nicht", sagte ich.
"Aber Mama sagt das. Wer lügt, der stiehlt, hat sie gesagt. Und dann kommen die Fahnder und werfen mich ins Gefängnis."
"Nein, du stiehlst doch nicht."
"Ich hab auch nicht gelogen", jammerte er. "Ich hab die Vase nicht kaputtgemacht, Tante Ella hat sie umgeworfen."
"Hast Du doch bei Sven gespielt?"
Ich darf nicht einmal behaupten, mir sei im Nachhinein mulmig geworden. Er saß ja heil und gesund vor mir, nickte, schlang beide Arme um meinen Hals und drückte sein Gesicht so fest gegen meine Schulter, dass ich dachte, er wolle sich ersticken. Die nächsten Sätze kamen nur stockend und von heftigen Schluchzern unterbrochen. "Und jetzt darf ich nie wieder kommen."
"Wer hat das gesagt?"
"Der Papa von Sven", schluchzte er. "Aber ich hab doch mein Buch in seinem Zimmer liegen lassen, als Tante Ella gesagt hat, wir sollen im Garten spielen und nicht so viel Krach machen."
Hanne stand längst in der offenen Tür, ging aber freiwillig zurück in die Küche, als ich ihr ein Zeichen gab. Nachdem die ärgsten Schluchzer verebbt waren, schloss ich die Tür, setzte mich aufs Bett und hob ihn auf meinem Schoß. "So, nun sind wir unter uns. Jetzt erzähl mal der Reihe nach. Was war denn los?"
"Das darf ich nicht sagen", murmelte er.
"Wer hat dir das verboten?"
"Der Papa von Sven. Er hat mich über den Zaun gehoben und gesagt, ich muss ganz schnell nach Hause gehen und darf keinem Menschen was erzählen, sonst macht der Rex uns alle tot."
Bewertung: 3 von 5 Sternen
Das nächste Mal stelle ich Euch John Grishams
"Die Farm" vor - einen etwas anderen Grisham, bei uns kürzlich erschienen, in den USA im letzten Jahr mit Logan Lerman schon verfilmt worden und auf ein Europa-Release wartend.