EIN TAG IN MOSKAU
Versprochen hatte ich ja noch ein paar Worte zu Land und Leuten, sofern man an einem Tag überhaupt irgendetwas so richtig beurteilen kann. Aber gut, meine Erfahrungen dieses einen Tages waren positiv. Sehr positiv.
Den ersten Kontakt gab es ja sozusagen in Deutschland bei der Beantragung des Visum. Über die Botschaft ging es nicht mehr und so bot sich als Zwischenstelle der VHS an (VHS= Visa Handling Service). Dieser sitzt praktischerweise in Hamburg in der Nähe der Botschaft und ist vom Bahnhof aus schnell zu erreichen. Über das Internet hatte ich einen Termin gebucht und fand mich dann in einer leeren Halle mit fünf besetzten Schaltern wieder. Anscheinend nicht die übliche Jahresezit für Russlandreisen. Die mitgebrachten Unterlagen waren anscheinend komplett und fehlerfrei und so bekam ich nach wenigen Minuten den Abholtermin und durfte 95 Euro an der Kasse bezahlen. Ohne Express wäre es auch gegangen, aber dann wäre das Visum einen Tag vor Abreise abholbereit gewesen. Etwas knapp.
Die Passkontrolle am Moskauer Flughafen war der erste Kontakt mit original russischen Menschen auf deren Boden. Das Personal war durchgehend weiblich und sah ganz nett aus. Waren sie dann auch, natürlich mit der entsprechenden behördlichen Distanz. Den im Flugzeug ausgefüllten Wisch wollte die Dame gar nicht haben, wissen wollte sie dafür von wo aus ich anreiste. Da ich keine Ahnung hatte wie man Prag auf englisch oder russisch ausspricht verstand sie es erst nach Vorlage des Flugtickets. Das Hotel ging wohl aus dem Visum auch nicht so eindeutig hervor, aber dann durfte ich passieren. Ja, sie hatte auch gelächelt. Wir versuchten uns zu orientieren, fanden einen Hinweis auf einen Infoschalter im 2. Stockwerk, den wir dann im 1. Stockwerk fanden. Der Weg zum Hotel wurde uns beschrieben, wir verließen den Flughafen, vorbei an einigen um Kundschaft werbenden Taxifahrern und gelangten nach kurzer Suche tatsächlich zum ParkInn. Vor dem Terminalgebäude war die Orientierung dadurch erschwert, da irgendwie alles zugebaut war und so kein Blick in die Ferne ermöglicht wurde.
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Das Hotel, von außen sozialistischer Plattenbau, wirkte in der Empfangshalle richtig edel. Glänzender Stein auf dem Boden, Kronleuchter an den Decken, eine gemütliche Bar und ebenso gemütliche Ledersessel in der Lounge.
Die Empfangsdamen waren überaus nett und hilfsbereit, beantworteten alle Fragen bereitwillig und überreichten uns auch gleich unsere Bordkarten für den Rückflug, die per Mail an das Hotel geschickt worden waren. Im Fahrstuhl auf die sieben gedrück und schon ging es ab zum Zimmer. Auch hier westlicher Standard. Nur dass man in luftiger Höhe die Fenster komplett öffnen konnte war etwas ungewöhnlich. Dafür ließ sich die Temperatur nicht regulieren und so wurde es in der Nacht dann doch etwas warm.
Am nächten Morgen fiel mir doch glatt wieder ein, was ich zuvor in einem Reiseführer gelesen hatte. Nämlich als ich vergeblich nach dem "E" im Fahrstuhl suchte. Klar, in Russland gibt es kein Erdgeschoss, das ist bereits die Nummer 1.
Nach Bezahlung des Frühstücks hatten wir Zutritt zum Frühstücksraum. Hier war alles relativ einfach, aber es gab einige Teile des englischen Früßstücks und das was zum kontinentalen Frühstück dazugehört. Gut, manche Löffel klebten schon bevor man sie benutzt hatte...
Mit Hilfe des Personals konnten wir dann unsere aktuelle Uhrzeit in Erfahrung bringen und uns über eine Stunde verpassten Schlafes ärgern. Aber egal, wir wollten ja noch etwas sehen. Nun wurde das Zimmer geräumt.
Nach einer Sicherheitskontrolle gelangten wir in den Terminal des Transferzuges und auch hier, westlicher Standard. Mehr sogar. Die Sitze waren bequem, die Züge modern und sauber. Monitore über den Türen informierten über die wichtigsten Details. Die Fahrt selber verlief jedoch sehr langsam (10 Minuten länger als geplant) und relativ wacklig.
Der Kartenkauf in der Metro klappte dank Zeichensprache auch. Der Zugang ist ähnlich wie in London, der ganze Rest auch. Gut, Sicherheitskontrollen gibt es dort noch nicht und die Stationen sind in lesbaren Schriftzeichen. Ich hatte zwei Karten und eine Metro-App und so gelang es uns immer in die richtige Bahn einzusteigen und an der richtigen Station auszusteigen. Ein Blick auf den Boden der Metrostationen war immer wichtig, denn hier waren die Wegweiser zum Ausgang und die Stationsbezeichung in gewohnten Schriftzeichen zu sehen.
Ich erfuhr erst zu Hause, wo wir uns eigentlich den größten Teil des Tages aufgehalten hatten, aber es war tatsächlich der Rote Platz. Dort war gerade Weihnachtsmarkt.
Wir entschieden uns für eine Besichtigung der Basilika "Saintbasil", wobei wir nicht wussten, ob es sich um eine Kirche oder ein Museum handelt. Wir wussten es vorher nicht und wir wussten es nachher nicht. Aber wir durften etwas sehr interessantes erleben. In einem Raum war ein kleiner Stand aufgebaut und gleich daneben drei Herren, die dann auch noch anfingen zu singen. Unglaublich! Es war ein "Hallelujah", soweit ich es erkennen konnte, aber mit geschlossenen Augen hätte ich auf eher 10 Sänger getippt. Zumindest einer sang erkennbar zweistimmig, dazu wechselten sie die Stimmlagen und der Hall des Raumes tat sein übriges. Als kleines Mitbringsel kaufte ich gleich zwei CDs und im übrigen war acuh hier der Kontakt sehr nett. Das Trio nennt sich übrigens "DOROS"
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Mr. A. wollte ja unbedingt auf das Gelände des Kreml. Also stellten wir uns in einer Schlange an, ließen mal wieder die Taschen durchleuchten, um am Ende festzustellen, dass wir nur in eine Grabeshöhle geführt wurden. Auch hier erfuhren wir erst später, dass wir tatsächlich Lenin gesehen haben und das im Original, nicht als Wachsfigur. Auch nur leise Gespräche am Sarg fand das Wachpersonal allerdings nicht so lustig.
Wir fanden schließlich den richtigen Eingang zum Kreml, wobei wir nur den Bereich der Kathedralen buchten und durften uns schließlich auf dem "heiligen" Boden bewegen. War auch eindrucksvoll, da diese Kirchen für uns völlig anders aussehen und auch anders funktionieren.
Nun gut, in der folgenden Pinkelpause trafen wir den meistgereisten französischen Libera-Fan und zogen schließlich weiter, in Richtung Veranstaltungsort. EIn wenig schauen, etwas trinken und dann das Konzert besuchen, das war der Plan. Und nun trafen wir den Weihnachtsmann. Wir sahen ihn schon aus der Ferne, konnten ihn aber auch nicht umlaufen, da er sich direkt an der einzigen Brücke zur Konzerthalle plaziert hatte. Also ein freundliches "Merry Christmas" zugerufen und schon hatten wir eine Werbekarte für ein benachbartes Lokal in der Hand. Beer and Whiskey. Wir versprachen hinzugehen und bewegten uns erst einmal in Richtung Konzertsaal. Zwei Stunden vor Öffnung war hier so rein gar nichts los. Warum auch. Der Verbindungsweg in dem relativ neuen Komplex war mit Löchern nur so übersäht, so dass man schon schauen musste wohin man tritt.
Zurück am Weihnachtsmann vorbei, entschieden wir uns nun aber für die andere Richtung, entdeckten dabei das "Paulaner Bräuhaus", gingen dann aber in ein gemütlicher aussehendes Restaurant mit kyrillischen Schriftzeichen. Hier ging es sehr freundlich zu, wir bekamen einen tollen Tisch mit Stühlen auf der einen Seite und einem Sofa auf der anderen. So etwas habe ich noch nicht gesehen und so bequem habe ich bislang noch in keinem Restaurant gesessen. Ich entschied mich für Nudeln, wobei ich nur auf das große Bild in der Speisekarte zeigen brauchte und ein großes Glas "Hoegaarden". Die Nudeln waren übrigens auch super, ebenso wie der Service, wenn der auch nicht ganz so schnell war.
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Wir mussten nun wieder am Weihnachtsmann vorbei und diesmal war schon wesentlich mehr Treiben an der Svetlanov Hall. Über das, was sich im Innern ereignete hatte ich ja bereits ausführlich geschrieben. Trotzdem aber noch einmal die Bemerkung, ich habe mich darin wohl gefühlt, Nationalitäten spielten hier keine Rolle, das bevorstehende Ereignis schien zu verbinden. Ich habe keine Ahnung, wie viele Leute unter den Besuchern LIBERA kannten und wie viele ohne Wissen um die Musik dieses Chores gekommen waren. Die Begeisterung war aber zu spüren, nicht fanatisch (wie auf den Philippinen) sondern die Leistung honorierend. Und so erlebte ich eine Begeisterung für das Dargebotene, wie ich sie auf einem LIBERA-Konzert bislang noch nicht erlebt hatte und das ist sicher auch bei den Jungs auf der Bühne so angekommen.
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Die Freude war den kleine Sängern ins Gesicht geschrieben, doch trotzdem blieben sie professionell. Ein Winken zum Abschied und ein geordneter Abgang, anders als in manch heimischer Kirche, wo auch schon mal Luftsprünge zu sehen sind. Man war ja schließlich nicht zu Hause.
Zurück zu den Einheimischen. Der Weihnachtsmann war immer noch an seinem Platz, erneut wünschten wir "Merry Christmas" und verschwanden in Richtung Metro. Netterweise hatten wir einen Zug erwischt, der überhaupt keine Anzeigen im Innern hatte, die Stationen selber waren auch nicht immer zu erkennen, aber dank Smartphone-App stiegen wir zur dort angezeigten Zeit in der richtigen Station aus. Bei der Sicherheitskontrolle am Zug wurden wir einfach durchgewunken und nicht großartig anders verlief es dann am Flughafen. Natürlich mit dem üblichen Check, aber es war aufgrund fehlender Menschenmassen alles total entspannt.
Obwohl. Wenn dann in so einem Moment jemand auf den Monitor starrt und entsetzt murmelt: "Jetzt haben wir ein Problem, canceld", dann kann man auch schon erleben, wie der zweite Jemand mit dem Blick auf den selben Monitor sehr ungehalten zu dem ersten Jemand wird. Nun hatten wir beide auf die gleiche Tafel geschaut und trotzdem unterschiedliches gesehen? Ja, ich las von oben, wobei der zweite Flug unserer war und das Gate ausgewiesen wurde. A. schaute von unten und dort stand unser Flug als "canceld".
Von vornherein wurde der Flug anscheinend über CzechAirlines und Aeroflot mit zwei unterschiedlichen Flugnummern angeboten. Eine Nummer wurde gestrichen, Aeroflot blieb über, aber geflogen sind wir trotzdem mit CzechAirlines.
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Die DutyFree Shops hatten nur noch teilweise geöffnet und man versprach uns auch noch 20% Rabatt. Trotzdem wirkten viele Getränke trotz der Literflaschen nicht unbedingt preiswert, was wahrscheinlich an den unverschämten Angeboten unserer Discounter liegt. Wir entdeckten aber auch richtige Raritäten, wobei ich sicherheitshalber das auch hier sehr nette Personal fragte, ob die Preise in Euro oder Rubel ausgeschildert wären. Oder habt ihr schon einmal eine Flaschen Glen Grant für 8.000 Euro oder Remy Martin für 15.000 Euro gesehen? Eine Flasche!!!
Im Irish Pub gab es noch ein leckeres "Harp Lager", dann stiegen wir zusammen mit ca. 10 weiteren Personen in das Flugzeug ein. Good Bye Russia.
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Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von »mawi« (1. Februar 2015, 22:28)